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„Ich kann nicht sagen, ich habe es nicht probiert“

Einst spielte er in der Jugend der Kölner Haie, dann machte er eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker. Nun beginnt Philipp Mokwa mit einem Fußballstipendium ein Sportmanagement-Studium in den USA.

Ratingen. Philipp Mokwa liegt grinsend in seinem Bett. Unter seinem Kopf befindet sich ein beiges Kissen, auf dem ein fröhlicher und selbstbewusster Löwe im Fußballtrikot zu sehen ist. Es ist Goleo, das Maskottchen der WM 2006. An der Wand hängt ein Eishockeyschläger, auf den ein Trikot der Kölner Haie gespannt ist. Mokwa legt seine Beine unter eine Decke und streckt sich. Der 21-Jährige hat kurze, blond gefärbte Haare und einen 3-Tage-Bart. Er trägt ein lilafarbenes T-Shirt mit der Aufschrift: My circle is small, for a reason.

Das trifft perfekt auf den sportlichen, jungen Kerl zu. Kurz nach seiner Geburt zieht er mit seinen Eltern und seinen zwei älteren Geschwistern nach Homberg, einem kleinen Dorf in der Nähe von Düsseldorf. Bereits in jungen Jahren ist er sehr sportinteressiert. Einmal wird er bei einem Turnier zwischen verschiedenen Kindergärten wegen zu guter Leistung ausgewechselt. Mit fünf Jahren fängt er dann mit dem Vereinsfußball an. Vier Jahre später beginnt er außerdem mit dem Eishockey. Die nächsten Jahre bestehen für Philipp Mokwa ausschließlich aus Sport. Er spielt nicht nur gleichzeitig Fußball und Eishockey, sondern hilft zusätzlich regelmäßig bei seinem älteren Bruder aus, der ebenfalls beide Sportarten betreibt. Aufgrund seiner starken Leistungen im Eishockey werden die Trainer der Kölner Haie auf den flinken Burschen aufmerksam. Sie sprechen mit Mokwa’s Eltern und schon bald wechselt er zum KEC.

Während Philipp Mokwa seine Geschichte erzählt, wirkt er nachdenklich. Er möchte den Verlauf seiner Karriere genau nachstellen. Er versucht sich zu erinnern, überlegt viel und korrigiert sich. Dabei verliert er aber nicht seine Lockerheit. Er grinst durchgehend und baut immer wieder Lacher in seine Erzählung ein. Dann wird er etwas ruhiger.

Aus den Schlittschuhen werden wieder Fußballschuhe

Nach zwei Jahren beim KEC hört er mit dem Eishockey auf. Aber nicht etwa wegen zu schlechter Leistung, sondern wegen des Stresses. Sein Tag bestand nur noch aus Schule, Training und Schlafen. „Essen musste ich meistens auf den Autofahrten dazwischen.“ Mit der Zeit raubte ihm die Fahrerei die Kraft und die Lust. Zudem gibt es ja eine andere Sportart, die Mokwa weiterhin Freude bereitete: der Fußball.

Schon damals hat Philipp Mokwa den Traum Profisportler zu werden. Dass die Konkurrenz im Fußball deutlich größer ist als im Fußball, ist klar. Dass das für das Selbstbewusstsein von Philipp Mokwa spricht auch. Seine Stimme wird wieder fester. Er setzt sich aufrecht hin und führt seine Geschichte fort. Nun nennt er auch Namen von Trainer und Mitspielern und liefert Einsatzzahlen, Spielergebnisse und Platzierungen. Der Fußball hat das Sportfeuer in ihm wieder entfacht.

Nach einem Jahr bei Ratingen 04/19 wechselt Mokwa zum Düsseldorfer SC 99, wo er zwei Jahre bleibt. Zeitgleich absolviert er seinen Realschulabschluss und beginnt in Düsseldorf eine Lehre zum KFZ-Mechatroniker. Zur A-Jugend kehrt er nach Ratingen zurück. Als die Mannschaft die Qualifikation zur Niederrheinliga verpasst, bleibt Mokwa als Einziger. Später zahlen sich seine Leistung und seine Loyalität aus, denn nur er schafft den Sprung aus der A-Jugend in die erste Herrenmannschaft in der fünftklassigen Oberliga. Dort kommt er jedoch nicht mehr so stark zum Zug und wechselt daher in die zweite Mannschaft in der Bezirksliga.

Traum vom Fußball + Traum von Amerika = Sportstipendium am College

Sportlich läuft die Zeit für Mokwa top, beruflich eher mittelmäßig. Er schließt 2021 zwar seine Ausbildung ab, seine Berufung ist es jedoch nicht. „Die Ausbildung kam zu früh. Ich wollte mir damit sicherheitshalber ein zweites Standbein aufbauen, habe aber schon damals daran geglaubt mit Fußball durchzustarten.“  

Dieser Traum könnte nun wahr werden. Über Freunde erfährt Mokwa, dass man in den USA mit einem Sportstipendium auch ohne Abitur studieren kann. Er meldet sich bei einer Agentur an, durchläuft einige Tests und Fußballtrainings und erhält einen Tag vor seinem 21. Geburtstag ein Angebot des Cowley College. Dort wird er für zwei Jahre studieren, anschließend muss er an ein anderes College. Durch sein Stipendium werden Verpflegung, Unterkunft und Universitätskosten gedeckelt, den Rest hat Mokwa in den vergangenen eineinhalb Jahren angespart.

Mokwa macht einen weiteren Schritt auf seinem Weg zum Profisportler. Wo geht das besser als im Land der unbegrenzten Möglichkeiten? Aber auch er weiß, dass dafür viel Disziplin gefordert ist. „Manchmal denke ich: Fuck ich bin bald wirklich weg. Aber am Ende kann ich nicht sagen, ich habe es nicht probiert.“ Philipp Mokwa geht seinen eigenen Weg: ein fröhlicher und selbstbewusster Löwe im Fußballtrikot. Ein Goleo im Jahr 2022.

Jarno Gier

Foto: Jarno Gier