Die Schweißpfütze neben dem Indoor-Bike ist völlig normal 🥵
Eine Stunde auspowern auf dem Indoor-Bike – statt mit Laufschuhen auf den Straßen Magdeburgs rennen. 🚴🏼♀️ In meinem ersten Cycling-Kurs durfte ich erleben, was es heißt, sportlich voranzukommen, ohne voranzukommen.
Wiesmoor (Ostfriesland). Als ich auf dem Indoor-Fahrrad sitze und anfange in die Pedale zu treten, kommen mir unvermittelt Bilder aus dem Film „I feel pretty“ in den Kopf: Renee (Amy Schumer) nimmt zum ersten Mal an einem Indoor-Cycling-Kurs teil. Dabei übernimmt sie die Motivation, sie rutscht von der Pedale, fällt vom Rad und ihre Haare verheddern sich in den Pedalen. Kurz gesagt: Ich habe großen Respekt vor meinem Indoor-Bike. Meine Neugierde und Motivation sind jedoch größer, und so beginne ich, schneller zu treten, um warm zu werden.
Ich nehme – wie Renee – zum ersten Mal am Indoor-Cycling-Kurs teil und merke schon nach wenigen Minuten: Es ist fast wie in dem Film. Die Trainerin ist extrem gut gelaunt, schaltet bunte Discobeleuchtung an und spielt Gutelaunemusik von Freddy Mercury und Beyoncé. „Schön, dass Ihr heute hier seid“, ruft sie in ihr Mikro über die Musik hinweg und reißt die Arme in die Luft. Dafür bekommt sie Jubel von den zwölf anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern um mich herum zurück (ja, auch Männer nehmen Teil). Die gute Laune ist ansteckend.
Ein Sport für jedes Fitnesslevel – denn niemand fährt davon
Einen wichtigen Unterschied zum Amy-Schumer-Film gibt es jedoch: Neben mir sitzen nicht nur schlanke Fitnessmodels mit Sixpack, sondern Menschen wie Du und ich, zwischen 20 und über 50 Jahre alt. Und genau das ist der große Vorteil beim Indoor-Cycling: Jeder kann mitmachen, egal auf welchem Fitnesslevel, denn niemand wird davonfahren! Braucht man eine Pause, bleibt man im Sattel und fährt sein eigenes Tempo weiter – während einen die Musik und die Trainerin weiterhin umhüllt und in eine andere, eigene Welt führt, in der Probleme und Gedanken aus dem Alltag nicht existieren.
Partystimmung statt strenge Trainerrufe
Es herrscht mehr Partystimmung als typisches Sportambiente im Trainingsraum. Und trotzdem ist es extrem anstrengend. Ich habe das Gefühl, sportlich voranzukommen, ohne mich von der Stelle zu bewegen. Zwischen den Challenges gucke ich immer wieder zur Seite, um zu sehen, ob die anderen auch so schwitzen wie ich. Ich sehe die Tropfen von meinem Gesicht auf den Boden fallen, weitere Schweißperlen laufen mir an den Armen herunter.
Verschiedene Challenges machen die Stunde abwechslungsreich
Die Challenges: Wir fahren Mountains, das heißt mit starkem Widerstand, zuerst im Sattel, aber dann, wenn die Musik lauter wird und ihren Höhepunkt erreicht, stehen wir aus unseren Satteln auf und fahren im Stehen weiter und ändern dabei unsere Handposition nach vorne des Lenkers. Ich gucke in den raumhohen Spiegel vor mir und sehe, wie wir 13 Sportlerinnen und Sportler im Takt der Musik strampeln und den Oberkörper nach links und rechts bewegen, alle gleichzeitig. Wir sind zu einer Einheit geworden – und doch strampelt jeder für sich.
Nach mehreren Wiederholungen und einer Pause (in der trotzdem weiter getreten wird) ruft die Trainerin: „Schnelle Beine!“ Bedeutet weniger Widerstand und dafür im extrem schnellen Tempo treten.
Von Endorphinen und Euphorie
Nach 45 Minuten brennt mir der Schweiß bereits in den Augen, ich bin aber überrascht, dass die Zeit schnell vorbeiging. Wir fahren erneut Mountains. Eigentlich kann ich nicht mehr. Und doch: Die Musik wird wieder lauter und ist so motivierend, dass ich nicht anders kann als mich aus dem Sattel zu heben und weiter zu treten. Es ist so anstrengend, doch gleichzeitig spüre ich die Endorphine und die Euphorie, sodass ich trotz der Anstrengung lächeln muss. „Die letzten 30 Sekunden“, ruft die Trainerin. Die Worte lösen nicht Erleichterung in mir aus, sondern Motivation, den Widerstand zu erhöhen. Da geht noch was, denke ich mir. Und es geht tatsächlich. Die letzten 30 Sekunden hole ich noch einmal alles aus mir heraus. Es existiert nichts, außer mein Rad und ich.
Ich denke, noch nie so geschwitzt zu haben.
Nach dem Endspurt folgt das Cooldown mit langsamer Musik. Ich erwache erst aus meiner Trance, als die Discobeleuchtung der normalen Deckenbeleuchtung weichen muss. Und zu meiner Beruhigung sehe ich, wie meine Trainingspartnerinnen und -partner ihre Schweißpfütze neben ihren Rädern wegwischen. Wir sehen aus, als wären wir schon duschen gewesen.
Nach dem Training bin ich ausgepowert, aber ich fühle mich gut und bin stolz, auch als ich sehe, dass ich in einer Stunde 592 Kalorien verbrannt habe.
Svenja Wagner
Fotos: Pexels.com, Svenja Wagner