Fehlen Deutschland bald die olympischen Nachwuchstalente?
Die Corona-Pandemie hat einen Bruch in das alltägliche Leben gebracht. Auch der Sport stand immer wieder still. Muss der Deutsche Olympische Sportbund nun um seine Nachwuchstalente bangen?
Köln. Deutschland könnte in den kommenden Jahren ein erhebliches Problem im Nachwuchs bekommen. Das Aussetzen des alltäglichen Sports durch die Corona-Pandemie hinderte die Athlet*innen am Training für ihre großen Träume. Während im Spitzensport die Olympischen Spiele in Tokio ein Jahr nach hinten verlegt wurden, kann im Nachwuchsbereich nicht die Zeit angehalten werden. Durch die ausbleibenden Wettkämpfe gerät die Entwicklung ins Stocken, manche hören sogar ganz mit dem Leistungssport auf. Der Standortleiter des Olympiastützpunkt NRW/Rheinland Daniel Müller befürchtet daher Nachwuchsprobleme für den Spitzensport.
Der Olympiastützpunkt NRW/Rheinland im Schatten des RheinEnergie-Stadions und der Sporthochschule Köln ist einer der zentralen Ausbildungsorte für Olympionik*innen in Deutschland. Über 500 Kaderathlet*innen aus mehr als 30 verschiedenen Sportarten werden dort betreut und bereiten sich auf ihre Wettkämpfe vor.
Für die Sportler*innen ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen das übergeordnete Ziel, für das sie tagtäglich arbeiten. Auch die Corona-Pandemie und die damit verbundene Verlegung der Spiele in Tokio um ein Jahr tat dem ganzen keinen Abbruch. Laut Standortleiter Daniel Müller hat keiner der Athlet*innen seine Karriere vorzeitig aufgrund der Corona-Unterbrechung beendet.
Fehlende Nachwuchstalente
Mehr Gedanken macht sich der 37-jährige um den Nachwuchs, der während der Pandemie kaum Möglichkeiten hatte, sich mit anderen zu messen und besonders international nur selten an Wettbewerben teilnehmen konnte: „Das Thema `drop out´ [Anm. d. Red.: rausfallen] wird in den nächsten zwei bis vier Jahren am ehesten im Übergang vom Nachwuchskader in den aktiven Leistungssport messbar sein.“ Dabei betroffen sei die Altersgruppe der aktuell 14- bis16-Jährigen. Diese würden in den nächsten zwei bis drei Jahren in den Olympiastützpunkt aufgenommen werden. Dieser Bruch, durch den viele Nachwuchstalente aufhören, sowie die fehlende Wettkampfpraxis, besonders im internationalen Bereich, könnten dafür sorgen, dass weniger Sportler*innen auf einem gewissen Level nachkommen.
Im Alter von etwa 17 bis 18 Jahren werden die Sportler*innen dann vom Olympiastützpunkt in einen der Kader aufgenommen und in der Regel bis zum Karriereende betreut. Daher bleibt abzuwarten, inwiefern diese mögliche Entwicklung im Übergang vom Nachwuchskader zum Spitzensport tatsächlich in den nächsten Jahren zu beobachten ist.
Julius Gräfe
Fotos: Henri Backhaus